EEG Unsere Position

EEG: Subvention großer Stromverbraucher zu Lasten der Privat­kunden und des Mittelstands

 

01.11.2016 / Manfred Görg

 

Nach dem Erneuerbare Energie Gesetz (EEG) müssen die Stromnetzbetreiber erneuer­baren Strom in ihre Netze übernehmen und zu kostengerechten Preisen vergüten. Diese Vergütungssätze werden regelmäßig den sinkenden Kosten angepasst. Dieses Prinzip hat zu einer ungeheuren Stimulierung  der Nachfrage, der technologischen Entwick­lung und dadurch zur Senkung der Stromerzeugungskosten geführt und wurde daher inzwischen von über 50 Ländern weltweit nachgeahmt. Es ist eines der bisher erfolgreichsten Instrumente der Energiewende. Deswegen wird es aus interessierten Kreisen auch immer wieder heftig angegriffen.

 

Regelmäßig kurz vor Halloween werden seit einigen Jahren mit der Nachricht des neuesten Anstiegs der EEG-Umlage Ängste und Unmut über die Kosten der Energie­wende geschürt. Um die Jahreswende 2013/2014 ging dies mit einer regelrechten Kampagne gegen das EEG einher (Abb. 1).

 

Abb. 1 Petition zur EEG-Umlage

Abb 1: Bäcker starten Petition zur Abschaffung der EEG-Umlage; Quelle: „Sonnenenergie“ 2/2014

 

Aus interessierten Kreisen wird auch gerne polemisiert, dass mit dieser Umlage der Harz IV-Empfänger die Rendite der PV-Anlage des Zahnarztes finanziere. Diese Polemik zeichnet jedoch in mehrfacher Hinsicht ein völlig falsches Bild und lenkt vom eigent­lichen Skandal ab. Der aktuelle Umlagemechanismus beinhaltet nämlich vor allem eine Subventionie­rung der Stromkosten großer Stromverbraucher und Versorgungs­unter­­nehmen, die ihren Strom zu Börsenstrom­preisen beziehen, zu Lasten der Privatkunden und des Mittelstands – und zu Lasten der Akzeptanz der Energiewende!

 

Bis 2009 verkaufte jeder Stromlieferant einen definierten Anteil von erneuerbarem Strom zu dem Durchschnittspreis mit, den er zuvor an den Übertragungsnetzbetreiber gezahlt hatte, zuzüglich seiner Vertriebsmarge. Die Differenz zu den ausgezahlten (höheren) Vergütungen für den erneuerbaren Strom wurde auf alle Stromverbraucher umgelegt. Ausgenommen waren nur einige energieintensive Betriebe im internationalen Wettbewerb. Dadurch entsprach die Entwicklung der EEG-Umlage bis 2009 im Wesent­lichen den Auszahlungen an die Anlagenbetreiber (siehe Abb. 2).

 

Zwischen 2009 und 2014 explodierte die Umlage jedoch nahezu um das Fünffache auf 6,24 Cent, während die erneuerbare Stromerzeu­gung nur um 76 % anstieg. Mit der wach­senden Einspei­sung von erneuerbarem Strom hat diese Entwicklung der Umlage seit 2009 kaum noch etwas zu tun. Wie kommen diese Ungereimtheiten zustande?

 

Abb. 2 Auszahlungen an Anlagenbetrieber

Abb. 2: Entwicklung der umlagefinanzierten Auszahlungen an die EE-Anlagenbetreiber in Mrd. Euro (gelbe Balken und linke Skala) und der EEG-Umlage für Haushalte und Mittelstand in ct/kWh (blaue Linie und rechte Skala)

Quelle: „Sonnenenergie“ Ausgabe 2/2014 nach Daten der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB)

 

Die Ursache war eine Änderung des Umlagemechanismus’  aufgrund von Lobbyein­flüssen im Jahr 2009. Wenige Tage vor der Sommerpause wurde eine entsprechende Vorlage ohne Diskussion im Bundestag beschlossen. Die Folgen waren fatal für die Verbraucher, sind aber bis heute kaum diskutiert. Der eingespeiste erneuerbare Strom muss nun seitdem komplett an der Strombörse vermarktet werden. Die EEG-Umlage bemisst sich nunmehr aus der Differenz zwischen den EEG-Vergütungen und den Börsen­strom­preisen, die durch die Zwangsvermarktung des erneuerbaren Stroms einem drama­tischen Verfall von über 7 Cent pro Kilowattstunde in 2009 auf 3,6 Cent in 2016 unterliegen. Zeitweise sind die Börsenstrompreise sogar negativ, wenn sehr viel EE-Strom eingespeist wird und die konventionellen Kraftwerke (vor allem Kohle und Atom) nicht entsprechend herunter geregelt werden.

 

Die Summe aus EEG-Umlage und Börsenstrompreis hat sich von 2009 bis 2016 nur um 20% erhöht, die EEG-Umlage allein um 561% (S. Abb. 3). Volkwirtschaftlich hat sich die Summe aus  EEG-Umlage und Börsenstrompreis seit 2009 nur geringfügig erhöht. Dramatisch verschoben hat sich jedoch die Verteilung von den großen Stromver­brauchern zu Lasten der kleinen, d. h. den Privathaushalten und des Mittelstands.

 

BEE EEG Umlage Oktober 2015

Abb. 3: Entwicklung der Summe aus EEG-Umlage und Börsenstrompreis 2009 – 2016 Quelle: Solarbrief 3/2016 des Solarenergie-Förderverein (S. 59)

 

Dazu kommen weitere Faktoren, wie die zunehmende Befreiung von mehr oder weniger stromintensiven Betrieben, die seit 2013 zunehmenden Kosten für die Abregelung von EE-Anlagen, weil der Strom aus konventionellen Kraftwerken die Leitungen „verstopft“ und andere mehr, die wir an dieser Stelle aber nicht vertiefen wollen.

 

In einer Kurzstudie Brainpool für die Bundestagsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN hat die Firma Energy Brainpool die Gründe für den Anstieg der EEG-Umlage in 2014 untersucht. Ihr zusammenfassendes Ergebnis: „ Der Anstieg der EEG-Umlage geht somit nur auf einen geringen Anteil von 13% (0,9 Milliarden Euro) auf den Zubau von EEG-Anlagen zurück (Hervorhebung BEnW). Die weitere Inanspruchnahme der Ausnahmeregelungen für die stromintensive Industrie machen ungefähr das Doppelte aus, nämlich 25% des Anstiegs der EEG-Umlage (1,7 Milliarden Euro). Und noch mal das Doppelte ist auf börsenstrompreis­bedingte Effekte zurückzuführen. Der Börsenstrompreis trägt mit einem Antel von 52% (3,5 Milliarden Euro) zur Erhöhung der EE-Umlage bei.“

 

Weitere interessante Links zum Thema:

 

Sehr interessanter Tagesschau-Hintergrund zur Erhöhung der EEG-Umlage vom 14.10.2016

 

Beitrag in der Zeitschrift „Sonnenenergie“, Ausgabe 2/2014 „Vom Hoffnungsträger zum Sündenbock“ 

 

Diverse Beiträge zu EEG und Energiewende im „Solarbrief“ 3/2016 des Solarenergie-Förderverein Deutschland e. V. (SFV) 

 

KfW Research, Nr. 145, 6. Oktober 2016: „Kosten der Erneuerbaren Energien – Wie teuer ist der Ökostrom wirklich?“

 

 

 

Es ist kein Problem, einen Fehler zu machen. Die Probleme entstehen, wenn man versucht, Fehler zu vertuschen. (Phil Knight)